Eisenbahn und ÖPNV in Polen

Zehn Tage war ich in Polen unterwegs. Warszawa, Kraków, Wroclaw und Poznań hießen die von mir besuchten Städte. Zwischen den Städten sowie von/nach Deutschland war ich per Bahn unterwegs, in den Städten bewegte ich mich entweder zu Fuß oder per ÖPNV fort. Meine Erfahrungen und Tipps dazu möchte ich einmal aufschreiben.

Eisenbahn in Polen

Mit der Eisenbahn in Polen ist es etwas kompliziert. Es gibt über ein Dutzend verschiedene Bahngesellschaften und jede kocht ihr eigenes Süppchen. Soll heißen: man bekommt in der Regel KEINE durchgehenden Fahrkarten wenn man Züge verschiedener Bahngesellschaften nutzt. Selbst Umsteigeverbindungen im Fernverkehr von PKP IC kann man nicht an einem Stück online kaufen, sondern muß sich jeden Zug separat erwerben. Hat man also eine Verbindung mit 3x Umsteigen rausgesucht, dann braucht man vier einzelne Fahrkarten. Da sind wir in Deutschland doch besser dran. Ansonsten gilt innerhalb Polens übrigens eine Vorverkaufsfrist von 30 Tagen, für Verbindungen von/nach Deutschland liegt diese bei 60 Tagen.

Die Bahnpreise in Polen sind recht billig für deutsche Verhältnisse. Selbst ohne jegliche Rabatte erhält man die Fahrkarten zu Konditionen über die man nur schmunzeln kann. Für die 320 km von Kraków nach Wroclaw habe ich im InterCity 2. Klasse 39,90 PLN gezahlt. Das waren zum Zeitpunkt des Buchungszeitpunkts weniger als 10 €. Da der Kurs des Zloty nicht fix an den Euro gebunden ist, kommt es hier aber zu Kursschwankungen. Daher gebe ich hier ansonsten immer nur die polnischen Preise an.

Fahrkarten kann man online bei den einzelnen Eisenbahngesellschaften erwerben. Das funktioniert genauso wie auf bahn.de. Einfach Verbindung suchen, bezahlen, Fahrkarte ausdrucken. Im Fernverkehr ist eine Sitzplatzreservierung gleich kostenlos mit inklusive. Die Fernverkehrsfahrkarten sind personalisiert, also bitte einen gültigen Ausweis immer dabei haben zum Vorzeigen bei der Fahrkartenkontrolle.

In meinen Fällen waren übrigens alle Züge pünktlich und zumeist auch sehr gut besetzt. Man rast nicht im Fernverkehr, aber um die 130 km/h sind die innerpolnischen Fernzüge auch durchaus gefahren. Also bitte mal den Geschwindigkeitswahn a la ICE ablegen, denn selbst der EIP, das Premiumprodukt von PKP Intercity fährt nicht so schnell. Da würde ich auch höchstens 160 km/h, eher 140 km/h ansetzen als gefahrene Geschwindigkeit zwischen Warszawa und Kraków.

Im Fernverkehr werden vielfach modernisierte Waggons oder auch neuerdings moderne Triebwagen aus Italien (Pendolino – verkehrt als EIP), Polen (Pesa Dart) oder der Schweiz (Stadler Flirt 3 mit Fernverkehrspaket) eingesetzt.

Im Großen und Ganzen war ich mit dem Angebot, dem Service im Zug (Speisewagen mit sehr fairen Preisen wo das Essen noch frisch zubereitet wird!) und der Qualität der eingesetzten Fahrzeuge recht zufrieden. In manchen Dingen ist die PKP der Deutschen Bahn da etwas voraus.

ÖPNV in Polen

In allen vier Städten fand ich ein ausgedehntes ÖPNV-Netz vor. Auch hier wird man positiv von den Preisen überrascht. In Kraków, Poznań und Wroclaw gibt es Tickets mit 24, 48 und 72 h Gültigkeit. Ab Zeitpunkt der Entwertung des Fahrscheins beginnt die Gültigkeit zu laufen. In Warszawa gibts 24 h-Tickets und Wochenendtickets, die von Freitag 19 Uhr bis Montag 9 Uhr gelten. In allen Städten gibt es natürlich auch Einzelfahrscheine, Gruppentickets usw. Die waren für mich aber nicht relevant.

Preisbeispiele:

72h-Ticket Kraków: 36 PLN
72h-Ticket Wroclaw: 26 PLN
72h-Ticket Poznań: 27 PLN

Fahrscheine bekommt man in der Regel an den Automaten der Haltstellen. In Kraków und Wroclaw auch in den Fahrzeugen drinnen am Automaten. Dort kann man auch bargeldlos mit Kreditkarte zahlen, auch kontaktlos. Lediglich in Poznań gibt es in den Fahrzeugen entweder gar keine Automaten oder nur welche die Bargeld annehmen. Hängt auch damit wohl zusammen, daß es dort spezielle Kundenkarten mit Kreditkartenfunktion gibt, die die Einheimischen nutzen: Karte beim Ein- und Ausstieg an das Lesegerät halten und das wars bereits und der entsprechende Betrag wird abgebucht.

Was den Fahrzeugpark angeht, erlebt man im ÖPNV wirklich alles: uralte JELCZ-Busse in Kraków, ebenso alte DUEWAG-Straßenbahntriebwagen in Poznań oder alte Komstal-Triebwagen in Wroclaw. Gleichzeitig trifft man aber überall auch topmoderne Busse und Straßenbahnbahnen mit Niederflureinrichtung, Klimaanlage und sogar USB-Steckdosen. Die Unterschiede könnten also nicht größer sein und es ist jedes Mal wieder überraschend, mit was man das nächste Mal befördert wird. Achja, hier in Polen regt sich niemand drüber auf, wenn man einen Kinderwagen in einen alten Straßenbahnwagen bugsieren will. Da wird einfach mit angefasst und fertig. Diese Gelassenheit täte deutschen ÖPNV-Nutzern auch mal ganz gut.

Insofern kann man hier noch einiges erleben, aber es macht auch Spaß. Klar, in Wroclaw hab ich mich auf einem Teilstück einer Straßenbahnlinie auch gefragt wie lange die da so noch fahren wollen. Der Begriff einer geraden Strecke wurde da komplett neu definiert. Aber eines sollte klar sein: Abfahrtzeiten im ÖPNV sind nur grobe Richtwerte und können auch mal 4-5 Minuten früher erfolgen. Also nicht auf den letzten Drücker an der Haltestelle sein, insbesondere wenn es nachts die letzte Verbindung ist. 😉

Dennoch war ich mit der Eisenbahn wie auch dem ÖPNV soweit zufrieden und niemand braucht sich Gedanken zu machen ob man in Polen wirklich ohne Auto vernünftig auskommt: ja, es geht!